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FG Düsseldorf: Prozesskosten bei der Erbschaftsteuer auch bei erfolglosem Prozess erwerbsmindernd zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat jetzt entschieden, dass auch diejenigen Prozesskosten bei der Erbschaftsteuer erwerbsmindernd abzugsfähig sind, die durch einen letztlich erfolglosen Prozess über Nachlassforderungen angefallen waren.

Hintergrund:

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG sind (soweit sich nicht aus den Abs. 6-9 etwas anderes ergibt), als Nachlassverbindlichkeiten u.a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen (Kosten des Erwerbs). Hierzu gehören u.a. auch die Kosten der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft.
Nicht abzugsfähig sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG jedoch die Kosten der Nachlassverwaltung, die nach dem Eintritt des Erbfalls für die Nutzung des Nachlasses entstehen, da diese nicht mehr mit dem ursprünglichen Erwerb zusammenhängen.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf:

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 25.01.17 (4 K 509/16 erb) einen Erbschaftsteuerbescheid aufgehoben, soweit das Finanzamt die dem Kläger entstandenen Prozesskosten nicht erwerbsmindernd berücksichtigt hatte.

Sachverhalt und Gründe:

In dem entschiedenen Fall hatte der Steuerpflichtige gegen seinen Bruder als Miterben wegen der zuletzt lebzeitigen Verwaltung des Vermögens der gemeinsamen Mutter, der Erblasserin, und erfolgter Entnahmen über zwei Instanzen Stufenklage auf Rechenschaftslegung und Herausgabe an die Erbengemeinschaft geführt. Nachdem das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Das Urteil des OLG Düsseldorf wurde rechtkräftig.
Der Kläger beantragte beim Finanzamt, die für diese Verfahren entstandenen Kosten i.H.v. insgesamt rd. 15.000 € steuermindernd als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen, was das Finanzamt in seiner Einspruchsentscheidung ablehnte.

Das Finanzgericht Düsseldorf stellt zunächst fest, dass der weit auszulegende Begriff der „Erwerbskosten“ auch die Prozesskosten umfasse, die dem Erwerber im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zur Durchsetzung eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs entstanden seien. Der Kläger habe mit seiner Auskunfts- und Herausgabeklage einen zum Nachlass gehörenden Anspruch durchsetzen wollen.
Im Streitfall war auch noch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs von Todes wegen gegeben. Die Prozesskosten seien auch im Sinne einer synallagmatischen Verknüpfung dafür aufgewendet worden, dass er seine Rechtsstellung als Erwerber erlangt, denn im Erfolgsfalle wäre der Herausgabeanspruch in den Nachlass gefallen.

Dagegen sei für die Abzugsfähigkeit von Prozesskosten der (zumindest teilweise) Erfolg des Rechtsstreits nicht erforderlich; nach dem Gesetz reiche es, wenn die Prozesskosten lediglich „im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs“ entstanden seien.

Die Prozesskosten müssten auch nicht unmittelbar mit den der Besteuerung unterworfenen Vermögensgegenständen zusammenhängen (s. § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG). Denn die Vermögensgegenstände, die der Kläger begehrt hatte, hätten im Erfolgsfalle der Besteuerung nach dem ErbStG unterlegen. Soweit der BFH in einem Urteil von 1995 ausgeführt hatte, es könnten nur solche Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden, die im Zusammenhang mit dem Erbfall stünden, welcher der Besteuerung unterliege, so sei damit der der Besteuerung unterliegende Erwerb von Todes wegen i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gemeint, zu dem auch die vom Kläger begehrten Vermögensgegenstände gehört haben würden.

Hinweis von Fachanwalt für Erbrecht Ingo Lahn, Hilden:

Das FG Düsseldorf hat die Revision zugelassen wegen abweichender Entscheidungen des FG Nürnberg (Urt. v. 18.03.1999, EFG 1999, 661, IV 184/99) und des FG Baden-Württemberg (Urt. v. 25.03.2015, 11 K 448/11, s. Rn. 38 ff. – Az. der Revision II R 29/16).
Die Finanzverwaltung hat Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt (dort: Az. II R 6/17).

Die vom BFH zu klärende Kernfrage wird sein, ob § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG der Abzugsfähigkeit vergeblicher Prozesskosten (Rechtsverfolgungskosten) entgegensteht. Denn die Kosten sind ja im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen (den Nachlassforderungen) entstanden, die wegen des Misserfolgs des Prozesses gerade nicht in den Nachlass gelangt sind, damit keinen steuerbaren „Erwerb“ darstellen und deshalb eben nicht der Besteuerung unterliegen.

Nachtrag vom 05.07.20:

Die Revisions-Urteile sind nunmehr veröffentlicht. Die Besprechung finden Sie hier.

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