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Vorerbe und Nacherbe

Vor- und Nacherbfolge – ein selten sinnvolles Instrument

Vorerbe und Nacherbe sind beide Erben desselben Erblassers und derselben Erbschaft. Allerdings nicht nebeneinander in Erbengemeinschaft, sondern nacheinander. Der Nacherbe wird erst Erbe, nachdem ein anderer vor ihm Erbe gewesen ist, nämlich der Vorerbe.

Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge kann der Erblasser den Fluss seines Vermögens „kanalisieren“ – auch über mehrere Generationen hinweg. Dabei kann er den Eintritt der Nacherbfolge an einen bestimmten Zeitpunkt oder ein bestimmtes Ereignis knüpfen. Trifft er keine Bestimmung, fällt die Erbschaft dem Nacherben spätestens mit dem Tod des Vorerben an.

Häufige Fragen zur Vor- und Nacherbschaft:

Die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft führt oft gleichermaßen zu Frustration. Der Nacherbe ist noch nicht Erbe, muss warten und weiß nicht, was letztlich übrig bleibt. Der Vorerbe hat kaum Rechte, dafür aber viele Pflichten.
Daher haben Vorerbe und Nacherbe die Möglichkeit, die Vor- oder Nacherbschaft auszuschlagen und stattdessen ausnahmsweise den Pflichtteil geltend zu machen, wenn denn in ihrer Person sämtliche weiteren Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

Darüber hinaus wirft die Vor- und Nacherbfolge auch eine Reihe rechtlicher Probleme auf, die teilweise hochstreitig und noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Daher sollte die Vor- und Nacherbschaft in der Gestaltungspraxis nur bei Vorliegen besonderer Gründe verwendet werden!

Vorerbe und Nacherbe – Konsequenzen in Frage und Antwort:

Welche Rechtsstellung hat der Vorerbe nach dem Erbfall?

Mit dem Tod des Erblassers wird der Vorerbe zwar Erbe des Erblassers, nicht aber „Vollerbe“, der mit dem Nachlass beliebig verfahren kann.
Da der Vorerbe das Erblasservermögen (die sog. „Vorerbschaft“) nur auf Zeit bzw. bis zu einem bestimmten Ereignis erhält und im Nacherbenfall nicht die Erben des Vorerben, sondern der Nacherbe in den Genuss der Vorerbschaft kommen soll, muss der Vorerbe dem Nacherben den Nachlass in seiner Substanz ungeschmälert erhalten (§ 2130 BGB).

Der Vorerbe ist also quasi nur „Treuhänder“ für den Nacherben; ihm gebühren lediglich die Erträgnisse des Nachlasses. Damit entspricht seine Rechtsstellung weitgehend der eines Nießbrauchers.

Aus der Verpflichtung, die Nachlass-Substanz für den Nacherben zu erhalten, folgt zugleich, dass der Vorerbe

  • den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten hat,
  • die gewöhnlichen Erhaltungskosten tragen muss (§ 2124 Abs. 1 BGB) und
  • nur außerordentliche Lasten der Erbschaft entnehmen darf (§§ 2126, 2124 Abs. 2 BGB).

Beachte: Der Vorerbe erbt die Vorerbschaft lediglich als gebundenes Sondervermögen, das streng von seinem Eigenvermögen getrennt betrachtet werden muss (sog. „Trennungslösung“).
Selbst wenn der Nacherbe gleichzeitig auch Erbe des Vorerben wird, so erbt er zwei Vermögensmassen: Einerseits das Sondervermögen „Vorerbschaft“ vom ursprünglichen Erblasser und andererseits das Eigenvermögen des Vorerben. Beide Vermögensmassen sind erb- und pflichtteilsrechtlich, aber auch erbschaftsteuerlich strikt voneinander zu trennen und unterschiedlich zu bewerten!

Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall erlöschen die Rechte des Nacherben am Nachlass, erwirbt der Vorerbe das unbeschränkte Erbrecht und wird „Vollerbe“.
Ausnahmen von dieser Regel sind in § 2109 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB zu finden.

Wie ist der Vorerbe in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt?

Damit das Erblasservermögen auch beim Nacherben „ankommt“, ist der Vorerbe durch das Gesetz erheblich in seinen Verfügungsmöglichkeiten beschränkt.
So kann der Vorerbe ohne die Zustimmung des Nacherben

  • keine Wertgegenstände oder Grundstücke lastenfrei veräußern oder mit Krediten belasten,
  • keine Nachlassgegenstände verschenken (oder verschleudern),
  • den Nachlass nicht für sich verbrauchen – außer die Nutzungen (Früchte und Gebrauchsvorteile, § 100 BGB).

Solche Verfügungen sind im Nacherbfall absolut unwirksam; der eigennützige Eigenverbrauch löst Schadensersatz- bzw. Wertersatzansprüche aus.

Ferner treffen den Vorerben die nachgenannten Pflichten, die der Nacherbe überwachen und notfalls klageweise durchsetzen kann.

Welche Rechte hat der Nacherbe gegenüber dem Vorerben?

Zur Sicherung seiner späteren Nacherbschaft und ihrer Durchsetzung gegenüber dem Vorerben oder seinen Erben kann der Nacherbe vom Vorerben verlangen, dass der Vorerbe

  • Wertpapiere zur Sicherung seiner Erbschaft hinterlegt,
  • vorhandene Barmittel risikolos anlegt (seit dem 1.1.23 gem. der Sicherheitenverordnung [SiV], §§ 2119, 240a BGB),
  • den Nachlass ordnungsgemäß verwaltet (und der Nacherbe kann dies prüfen),
  • Schadensersatz leistet, wenn er die Erbschaft schädigt,
  • Auskunft über den Nachlass erteilt,
  • Sicherheit leistet
  • und dass die Nachlassverwaltung dem Vorerben entzogen wird, falls diese nicht ordentlich erfolgt.

Der Nacherbe kann sogar jederzeit Feststellungsklage erheben, dass eine Verfügung des Vorerben im Nacherbfall unwirksam ist (BGH, NJW 1977, 1631).

Kann der Erblasser den Vorerben von Beschränkungen befreien?

Der Erblasser kann den Vorerben von einer Vielzahl der gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen befreien. Dann spricht man vom befreiten Vorerben.
Von welchen Beschränkungen – einzeln oder insgesamt – befreit werden kann, ist in § 2136 BGB abschließend aufgezählt.

Der testamentarisch oder erbvertraglich vom Erblasser befreite Vorerbe darf dann insbesondere

  • Grundstücke veräußern und
  • Erbschaftsgegenstände (also auch Geld) eigennützig für sich verwenden und verbrauchen (auch unter Schonung seines eigenen Vermögens!).

Ist der „befreite Vorerbe“ vollkommen frei, oder unterliegt auch er Beschränkungen?

Auch wenn der Erblasser den Vorerben „von allen Beschränkungen befreit“ hat, so kann er nach dem Gesetz doch nicht von sämtlichen Beschränkungen befreien. Nach dem Gesetz bleibt es dabei, dass

  • der Vorerbe nichts aus der Vorerbschaft verschenken darf (Schenkungsverbot, § 2113 Abs. 2 BGB),
  • alles zur Vorerbschaft gehört und dem Nacherben gebührt, was der Vorerbe als Ersatzgegenstände der Vorerbschaft erwirbt (Surrogationsprinzip, § 2111 BGB),
  • der Vorerbe dem Nacherben auf Verlangen ein Nachlassverzeichnis erteilen muss (Inventarisierungspflicht, § 2121 BGB – mit Eintritt des Nacherbfalls erlischt dieser Anspruch),
  • der Nacherbe jederzeit das Recht hat, den Zustand des Nachlasses feststellen zu lassen (2122 BGB),
  • der Vorerbe die gewöhnlichen Erhaltungskosten und Lasten des Nachlasses zu tragen hat,
  • der Vorerbe dem Nacherben den Schaden ersetzen muss, den dieser durch unentgeltliche oder in Benachteiligungsabsicht vorgenommene Verfügungen erleidet (Schadensersatzpflicht, § 2138 Abs. 2 BGB),
  • Vollstreckungshandlungen in die Vorerbschaft nur eingeschränkt möglich sind, § 2115 BGB,

Welche Rechtsstellung hat der Nacherbe im Nacherbfall?

Der Nacherbfall tritt mit dem Ereignis oder zu dem Zeitpunkt ein, den der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen festgelegt hat (z.B. eine Wiederverheiratung, ein bestimmtes Alter des Nacherben), spätestens aber mit dem Tod des Vorerben (§ 2106 Abs. 1 BGB).

Mit dem Nacherbfall hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein und geht die Erbschaft des Erblassers als Sondervermögen „Vorerbschaft“ automatisch auf den Nacherben über (man spricht dann von „Nacherbschaft“).
Der Erblasser wird also bestimmungsgemäß ein zweites Mal beerbt, nämlich nach dem Vorerben nunmehr vom eingesetzten Nacherben.

Welche Möglichkeiten und Rechte der Nacherbe gegen den Vorerben oder – falls der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt (wie zumeist) – dessen Erben hat, hängt im Wesentlichen davon ab, ob der Vorerbe „befreit“ war oder nicht:

Haftung des nichtbefreiten Vorerben

Ab dem Eintritt des Nacherbfalls hat der nichtbefreite Vorerbe (oder dessen Erbe) dem Nacherben die gesamte Erbschaft einschließlich der Surrogate herauszugeben (§ 2130 Abs. 1 S. 1 BGB).
Weil der Nacherbe Bestand und Umfang des Nachlasses oft nicht kennt, kann er vom Vorerben bzw. dessen Erben Rechenschaftslegung und ggf. eine eidesstattliche Versicherung verlangen (§§ 2130 Abs. 2, 259 BGB).
Liegen Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung des Vorerben vor, kann sogar ein Beschenkter auf Auskunft in Anspruch genommen werden (BGH, NJW 1972, 907).

Bei nicht ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses kann der Nacherbe Schadensersatz oder Wertersatz verlangen, wobei ordnungsgemäße Verwaltung nicht bedeutet, dass der Vorerbe einzelne Nachlassgegenstände erhalten muss; ordnungsgemäß ist auch der Erhalt der Wertsubstanz.

Haftung des befreiten Vorerben

Der befreite Vorerbe (oder sein Erbe) braucht nur die im Nacherbfall noch vorhandenen Erbschaftsgegenstände herauszugeben (§ 2138 Abs. 1 BGB), also den Überrest einschließlich der verbliebenen Surrogate (BGH, NJW 1990, 515).

Ist der Vorerbe auch von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung befreit, schuldet er (oder sein Erbe) Schadensersatz nur, wenn er Nachlassgegenstände verschenkt oder den Nachlass in Benachteiligungsabsicht vermindert hat (§ 2138 Abs. 2 BGB).

Was bedeutet „unmittelbare Ersetzung“ (Surrogation) für den Nacherben?

§ 2111 BGB normiert als eine zentrale Vorschrift zur Sicherung der Substanz des letztlich dem Nacherben zugedachten Nachlassvermögens das Prinzip der dinglichen Surrogation.
Danach fallen alle Gegenstände, die der Vorerbe

  • auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts,
  • als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstands oder
  • durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft

erwirbt, automatisch in den Sondervermögen-Nachlass.
Nutzungen (Früchte und Gebrauchsvorteile) stehen dagegen stets dem Vorerben zu.

Die Vorschrift schützt den Nacherben so (jedenfalls theoretisch) vor Vermögensverschiebungen. Der Vorerbe kann Nachlassgegenstände weder in sein eigenes Vermögen überführen noch eigenes Vermögen dem Nachlass einverleiben.

Beispiele:
Verkauft der Vorerbe Wertpapiere des Erblassers und kauft mit dem Veräußerungserlös eine Eigentumswohnung, dann fällt diese Wohnung in das Sondervermögen „Vorerbschaft“ und geht mit den Nacherbfall automatisch in das Eigentum des Nacherben über.
Erleidet der Pkw des Erblassers einen Totalschaden und erstattet die gegnerische Versicherung einen Betrag X, dann tritt der Zahlbetrag X an die Stelle des Pkw und ist im Nacherbfall vom Vorerben bzw. dessen Erben an den Nacherben herauszugeben.

Im ersten Beispielsfall liegt sogar eine sog. „Kettensurrogation“ vor. Denn der Erlös war zunächst Surrogat der Wertpapiere und die Eigentumswohnung sodann Surrogat des zum Kauf verwandten Wertpapier-Erlöses.
Die Surrogationskette kann beliebig lang sein. Je länger sie jedoch wird, desto schwieriger wird der Nachweis für den Nacherben bei der Geltendmachung seines Herausgabeanspruchs gegenüber dem (Erben des) Vorerben…

Wann ist die Anordnung von Vor- und Nacherbfolge sinnvoll?

Ich gebe zu, dass ich wegen der vielen Beschränkungen, möglicher Nickeligkeiten zwischen Nach- und Vorerben, insbesondere aber wegen der Probleme bei der Abwicklung im Nacherbfall, kein Freund der Vor- und Nacherbfolge bin und eher davon abrate.

Auch das immer wieder gehörte Motiv, dass man den Ehegatten zunächst versorgen, aber den Nachlass letztlich seinen eigenen Blutsverwandten (i.d.R. den Kindern aus erster Ehe) erhalten möchte, lässt sich mit einer klugen Nachfolgegestaltung anders lösen.

Wirklich sinnvoll kann die Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge aber in folgenden Einsatzgebieten sein:

  • Kinderlose Ehepaare,
  • Patchwork-Familien,
  • Geschiedenen-Testament,
  • Unternehmensnachfolger als Nacherbe,
  • Verschwendungssucht des Vorerben.

Die Gestaltung mittels Vor- und Nacherbfolge ist dagegen ein MUSS bei:

  • Bedürftigkeit des Vorerben (insb. „Behinderten-Testament“ [s. hierzu in meinem Erbrecht-Glossar], aber auch beim Bedürftigen- oder Hartz-IV-Testament), um den Nachlass vor dem Sozialhilfeträger zu schützen,
  • Vermeidung des Pflichtteils von Kindern aus erster Ehe des Vorerben.

Was muss der Nacherbe beachten, um nicht in die Erbschaftsteuer-Falle zu tappen?

Bei der Vor- und Nacherbfolge, insbesondere wenn der Nacherbe zugleich auch den Vorerben beerbt, gelten steuerrechtliche Besonderheiten:
Auch wenn im letztgenannten Falle zwei Erbfälle vorliegen, die jeweils gesondert erbschaftsteuerlich zu betrachten wären, und obwohl zwei Vermögensanfälle (Erwerbe) von unterschiedlichen Personen vorliegen, dem Erben also je Erbgang zweimal Freibeträge zugute kommen müssten, bestimmt § 6 Abs. 2 ErbStG entgegen den zivilrechtlichen Regeln des BGB, dass der Nacherbe bei Eintritt der Nacherbfolge durch Tod des Vorerben den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern hat…

Hinweis von Fachanwalt für Erbrecht Ingo Lahn:
Beerbt z.B. der Sohn als Nacherbe seinen Vater nach dem Ableben von dessen Lebensgefährtin L (Vorerbin), so hätte der Sohn nach der Regelung des § 6 Abs. 2 ErbStG erhebliche Nachteile, denn er müsste die Erbschaft seines Vaters (eigentlich Erbschaftsteuerklasse I und Erbschaftsteuerfreibetrag von 400 T€) nun als von L stammend versteuern (Erbschaftsteuerklasse III mit Freibetrag von 20 T€).
Hier ist unbedingt zu beantragen, dass der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen ist (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG)!

Wird auf Antrag das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser der Besteuerung zugrunde gelegt, dann kann jedoch, wenn der Nacherbe zugleich auch den Vorerben beerbt, für das eigene Vermögen des Vorerben ein Freibetrag nur noch soweit gewährt werden, als der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht verbraucht ist.
Das bedeutet: Der Erbschaftsteuerfreibetrag wird nur einmal, und zwar primär für das Nacherbenvermögen gewährt.

Kann ein Vorerbe oder Nacherbe den Pflichtteil verlangen?

Ein Vor- oder Nacherbe kann ausnahmsweise dann den Pflichtteil verlangen, wenn

Hypothetischer Pflichtteilsanspruch des Vor- oder Nacherben

Der Vor- oder Nacherbe müsste für den Fall, dass er nicht zum Vorerben oder als Nacherbe eingesetzt worden wäre, überhaupt einen Pflichtteilsanspruch haben. In seiner Person müssen also sämtliche Voraussetzungen für das Entstehen eines Pflichtteilsanspruchs erfüllt sein, wobei im Rahmen des § 2306 BGB die Beschränkung der Einsetzung als Vor- oder Nacherbe die sonst erforderliche „Enterbung“ durch den Erblasser ersetzt.

So hat z.B. ein als Nacherbe eingesetzter Enkel niemals einen Pflichtteilsanspruch, wenn sein Elternteil Vorerbe wird, seinen Pflichtteil verlangen könnte oder das ihm Hinterlassene annimmt (§§ 1924 Abs. 2, 2309 BGB).

Beispiel:
Erblasser E setzt sein Kind A zum Vorerben ein; seine Kinder B und C sind enterbt. Nacherben beim Tod des A sollen die jeweiligen Kinder von A, B und C zu gleichen Teilen sein.
B macht nach dem Tod des E seinen Pflichtteil nicht geltend. C ist bereits vor dem Erblasser verstorben.Können die als Nacherben eingesetzten Enkel den Pflichtteil geltend machen?

  • Das Kind von A hat von vornherein keinen Pflichtteilsanspruch, da es im Falle → gesetzlicher Erbfolge nicht Erbe geworden wäre, denn es wäre durch A von der Erbfolge ausgeschlossen (§ 1924 Abs. 2 BGB).
  • Das Kind von B wäre nach der Enterbung von B zwar gesetzlicher Erbe geworden, es hat aber wegen § 2309 BGB keinen Pflichtteilsanspruch. Darauf, ob sein Elternteil den Pflichtteil geltend macht oder nicht, kommt es nicht an. Es reicht, dass B den Pflichtteil geltend machen könnte.
  • Nur das Kind von C wäre durch den Tod des C gesetzlicher Erbe geworden (§ 1924 Abs. 3 BGB) und nicht durch einen „näheren“ Abkömmling vom Pflichtteil ausgeschlossen. Es kann also den Pflichtteil verlangen, wenn es die Nacherbschaft ausschlägt (§ 2306 Abs. 2 BGB).

Pflichtteil nur nach Ausschlagung der Vor- bzw. Nacherbschaft!

Um den Pflichtteil verlangen zu können, muss der Vor- bzw. Nacherbe gegenüber dem Nachlassgericht die Vor- bzw. Nacherbschaft ausschlagen (s. hier zur Ausnahme, wann trotz Ausschlagung der Pflichtteil verlangt werden kann).

Der Vorerbe muss für die Ausschlagung zwingend die Ausschlagungsfrist beachten! Sie beträgt grds. sechs Wochen ab Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht.

Der Nacherbe braucht zunächst keine Ausschlagungsfrist zu beachten, da eine solche erst mit Eintritt des Nacherbfalls zu laufen beginnt, die (Nach-) Erbschaft aber noch nicht bei ihm angefallen ist (§ 1944 Abs. 2 BGB), sondern beim Vorerben.
Er kann die (Nach-) Erbschaft aber schon ab dem Tod des Erblassers ausschlagen, also bereits vor Eintritt des Nacherbfalls (§ 2142 Abs. 1 BGB), was zur Geltendmachung des Pflichtteils ggf. zwingend werden kann (s. nachstehend der wichtige Hinweis zur Verjährung!).

Wichtiger Hinweis von Fachanwalt für Erbrecht Ingo Lahn:
Will der Nacherbe die Nacherbschaft ausschlagen, um den Pflichtteil geltend zu machen, muss er unbedingt vor Ablauf der Verjährungsfrist für den Pflichtteilsanspruch ausschlagen, die mit der Kenntnis von der ihn beschränkenden Verfügung von Todes wegen beginnt, um seinen Anspruch nicht zu „verlieren“ (s. § 2332 Abs. 2 BGB)!
Der Nacherbe kann also gezwungen sein, die Nacherbschaft bereits vor Eintritt des Nacherbfalls auszuschlagen.

Fachanwalt für Erbrecht - Ingo Lahn | Spezialist für Pflichtteilsrecht

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