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BGH zum Umfang einer transmortalen Kontovollmacht

Der Bundesgerichthof hat in seiner Entscheidung vom 24.03.09 (XI ZR 191/08, die wegen ihrer Bedeutung in der amtlichen Entscheidungssammlung BGHZ 180, 191, veröffentlicht wurde) klargestellt, dass eine vom Erblasser erteilte Kontovollmacht nach dessen Tod nicht zur Umschreibung des Kontos berechtigt.

Der u.a. für das Bankenrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH verurteilte die beklagte Sparkasse zur Zahlung des Kontoguthabens an den Alleinerben des Erblassers, seinen Sohn, nachdem die kontobevollmächtigte Ehefrau des Erblassers nach dessen Tod aufgrund der ihr erteilten Kontovollmacht das Konto auf sich hatte „umschreiben“ lassen.

Leitsatz der BGH-Entscheidung XI ZR 191/08:

„Die einem Ehepartner erteilte „transmortale“ Kontovollmacht berechtigt grundsätzlich weder zu Lebzeiten des Erblassers noch nach seinem Tod zur Umschreibung des Kontos auf den Bevollmächtigten.“

Wesentliche Entscheidungsgründe:

„Der Girovertrag des Erblassers“, so der BGH, „in den der Kläger als sein Alleinerbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) eingetreten ist, ist durch die von der Bevollmächtigten veranlasste Umschreibung des Girokontos auf ihren Namen nicht aufgelöst worden, weil der damit beabsichtigte Gläubigerwechsel von der „transmortalen“ Vollmacht nicht erfasst wird. (…) Eine Kontovollmacht gibt dem Bevollmächtigten (…) im Allgemeinen nicht das Recht, das Konto ohne Beteiligung des Vollmachtgebers aufzulösen oder auf eine andere Art und Weise in dessen Vertragsstellung einzugreifen.“

Auch dass nach dem verwandten Vollmacht-Formular die Bevollmächtigte zur „unbeschränkten Verfügung“ über das Konto berechtigt gewesen war, rechtfertige nicht die Annahme, „dass der Erblasser der Bevollmächtigten mit dieser Formulierung nicht nur eine uneingeschränkte Verfügungsgewalt über ein etwaiges Guthaben, sondern darüber hinaus das wesentlich weiterreichende Recht zur Auflösung und Umschreibung des Girokontos, sei es schon zu Lebzeiten oder erst nach seinem Tod, einräumen wollte.“

Anmerkung von Rechtsanwalt Ingo Lahn, Fachanwalt für Erbrecht aus Hilden:

Die jetzige Entscheidung betrifft eine in der Praxis sehr häufig vorkommende Fallkonstellation, insbesondere unter Eheleuten.
Sie ist sehr zu begrüßen, jedenfalls soweit sie zur Reichweite des Innenverhältnisses (des „rechtlichen Dürfens“) zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem ausführt und aufzeigt, wann der Bevollmächtigte die Grenze zum Vollmachtsmissbrauch überschreitet.
Abgrenzung: Von dem Fall, dass die Kontenumschreibung aufgrund einer Vollmacht erfolgte, sind die Fälle zu unterscheiden, in denen in einer Vereinbarung mit der Bank geregelt wurde, dass der überlebende Ehegatte berechtigt sei, das Sparkonto aufzulösen und auf seinen Namen umzuschreiben. Dann stellt dies ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall dar, dem i.d.R. eine Schenkung zugrunde liegt. Bei solchen Verträgen zugunsten Dritter fällt das Guthaben gar nicht erst in den Nachlass!

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