Die Erbengemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss einen Teilhaber zur Einziehung einer Nachlassforderung ermächtigen, sofern dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (BGH, Urt. v. 19.09.12 – XII ZR 151/10).
Damit setzt der BGH seine mehrheitsfreundliche Rechtsprechung fort (im Anschluss an BGHZ 183, 131 = FamRZ 2010, 119 und Urteil vom 20.10.10 – XII ZR 25/09 – NJW 2011, 61) und formt § 2038 BGB zur lex specialis gegenüber § 2040 BGB aus.
Rechtlicher Hintergrund:
Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu (§ 2038 Abs. 1 BGB). Dabei kann eine der Beschaffenheit des gemeinsamen Gegenstandes entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschlossen werden (§ 2038 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Verfügungen über Nachlassgegenstände können die Miterben dagegen nur einstimmig beschließen (§ 2040 BGB).
Zur Verwaltung einer gemeinschaftlichen Forderung kann auch deren Einziehung gehören. Die Einziehung kann einem Verwalter, aber auch einem Mitglied der Erbengemeinschaft übertragen werden.
Umstritten ist, ob die Einziehung einer Forderung bzw. die Erteilung einer Einziehungsermächtigung nicht (auch) eine Verfügung ist, mithin nur einstimmig beschlossen werden kann.
Ansatz des BGH, XII ZR 151/10:
Die Einordnung einer Maßnahme als Verfügung nach § 2040 Abs. 1 BGB schließe nicht aus, „dass es sich zugleich um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne von § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB handeln kann, die als solche von den Miterben mehrheitlich beschlossen werden kann. Auf dieser Grundlage hat der Senat eine von Miterben mehrheitlich beschlossene und ausgesprochene Kündigung eines Mietverhältnisses für wirksam erachtet (Senatsurteile BGHZ 183, 131 = FamRZ 2010, 119 Rn. 31 und vom 20. Oktober 2010 – XII ZR 25/09 – FamRZ 2011, 95 Rn. 20).
Für die Einziehung einer Forderung aus einem Mietverhältnis über einen Nachlassgegenstand muss das gleiche gelten.
Denn auch hierbei handelt es sich um eine Maßnahme im Rahmen der laufenden Verwaltung des Nachlasses, für die die erleichterten Voraussetzungen des § 2038 BGB vorrangig Anwendung finden. Sie bedarf daher nicht des gemeinschaftlichen Handelns der Miterben, sondern kann von den Miterben mit Mehrheit beschlossen werden.
Die Wirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses steht allein unter der Voraussetzung, dass es sich bei der Einziehung oder der nach §§ 362 Abs. 2, 185 BGB erteilten Ermächtigung um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 131 = FamRZ 2010, 119 Rn. 32).„
Kein förmlicher Mehrheitsbeschluss erforderlich
Hat, wie im entschiedenen Fall, ein Miterbe die Stimmenmehrheit in einer Erbengemeinschaft, kann er im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung ohne besondere Förmlichkeiten einen Mehrheitsbeschluss fassen.
Dabei hängt die Wirksamkeit des Beschlusses nicht davon ab, ob der Minderheit ausreichende Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben wurde (BGHZ 56, 47, 55 f.).